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Erste Segelerfahrung am Atlantik

Aktualisiert: 7. Nov. 2023

Die Aufgabe:

Ankunft in Lanzarote in einer Bucht leicht nördlich des Flughafens am Samstag den 16.10.2021 gegen Mittag zur Aufnahme einer neuen Crew.


Rahmenbedingungen:

Frühest möglicher Start: Samstag 09.10.21

Fahrtstrecke: 650Sm (ca. 1170 km)

Treibstoff: 240l (Max. Reichweite 480 SM)

Fahrtgebiet: Atlantik

Geschätzte Fahrzeit: ca. 1 Woche

Wetterprognose:

Schwachwindzone im Bereich der Afrikanischen Küste. Regenwahrscheinlichkeit 5%

Wind in der Straße von Gibraltar zunehmend von 12 kn bis 24 kn 3-6Bft

Restlichen Atlantik: 4 - 17kn

Wellen in der Straße von Gibraltar: 2-3 m

Restlicher Atlantik: 1-2m

Hohes Verkehrsaufkommen. (Täglich 3-400 Schiffe).


Strategie:

- Tag 1 durch die Straße von Gibraltar und so weit wie möglich Richtung West um der Schwachwindzone an der Küste auszuweichen.

- Tägliche Strecke mindestens 100Sm

- Max. 20l Dieselverbrauch/ Tag (6 Std Motorbetreib) in den ersten 4 Tagen.

- Motorbetrieb nur wenn Segel wegen zu hoher Wellen schlagen und zu wenig Wind bläst.

- Schlafrhythmus 25 min.


Die Durchführung:

Die beste Zeit die Straße von Gibraltar von Ost nach West zu durchfahren ist 3 Std vor Tiden Hochstand bis 3 Std danach. Lt. Internet soll da die Strömung in Fahrtrichtung gehen. Gefühlsmäßig zweifle ich an der Aussage und kontrolliere sie noch zweimal. Da im Internet jeder von jedem abschreibt finde ich mehrfach die gleiche Information.

Hochstand ist für 05:36 angesagt. Also plane ich um 02:30 los zu starten.

Als ich zu Bett gehe um noch eine Stunde zu schlafen fällt mir der Bügel ab, der die vordere Dachluke dicht abschließt. Ich beschließe das nach dem Schlaf zu begutachten.

Um 02:00 läutet der Wecker. Es besteht keine Chance aufzustehen, zu schwer liegt die Müdigkeit auf den Augen. Um 04:00 schaffe ich es. Schnell ist der Bügel wieder angenietet und ich starte.

In der Straße von Gibraltar (die am stärksten befahrene Wasserstraße der Welt) bläst der Wind aus dem Osten mit 14kn. Das ist normal ein Garant für eine schnelle Fahrt. ich fahre aber nur 2-3 kn über Grund. Mein Wasserrad zeigt 5-6 kn Geschwindigkeit durchs Wasser an.

Ich habe also maximale Gegenströmung.

A habe, denn nach 3 Stunden dreht die Strömung und ich flitze mit Maximalspeed in den Atlantik. Durch die Düse hat hat der Wind auf 25 KN zugenommen. Kurz nach der engsten Stelle springt die Tiefe der Wasserstraße von mehr als 1000m auf weniger als 300m zurück. Diese Stufe ist dafür verantwortlich, dass die Tide im Mittelmeer deutlich weniger beträgt als in anderen Meeren. Es bilden sich daher auch besondere Strömungsverhältnisse und hohe Wellen aus.

So wurde aus der ca. 25 Sm langen Durchfahrt ein 8 stündiges Wellenrodeo.

Nach weiteren 8 Stunden lässt der Wind etwas nach und die Wellen beruhigen sich.

Es verspricht eine ruhige Nacht zu werden.

So vergehen Tage und Nächte wo der Wind zwischen 4 und 12kn pendelt.

Die Wellen sind moderat und somit lässt sich ohne Probleme Kochen und Essen.

Bei 5kn Rückenwind beschließe ich den Genacker zu setzen. Das Leichtwindsegel schlägt bei Wellen nicht so leicht um und ist deutlich größer (95m² gegenüber 45m² der Genua) Etwas Arbeit dann zieht das Segel.

Bei Sonnenuntergang versuche ich das Vorliek etwas mehr zu spannen. Zuviel, es reißt bei der ersten etwas stärkeren Böe.

Wieder ist ein Segel ausgefallen.

Mit Motorunterstützung berge ich sie Fetzen.

In den nächsten Stunden und Tagen setzt Routine ein. Der Wind und die Wellen sind schwach, es sind den ganzen Tag keine Schiffe zu sehen. Ich weitere den Schlafrythmus auf 45/5 Min aus.

Es wird fad. Ich koche, navigiere, spiele Musik und Hörbücher ab, schlaf auch tagsüber 45 min.

Am Dienstag zu Sonnenuntergang mach ich mir's in der Hängematte bequem.

Plötzlich piepst der Alarm am Instrumentenbord. Der Windmesser und der Autopilot sind ausgefallen. Nur der Kartenplotter funktioniert noch.

Ich stelle kurz mit der Hand das Manöver des Beidrehens. (man dreht das Schiif durch den Wind bis das Vorsegel back (verkehrt bauchig) steht. Das stabilisiert das Schiff und bremst es bis auf die Abtrift ab. Jetzt geht's um darum den Fehler zu finden. Ich sehe an der Stromversorgung eine durchgebrannt Sicherung. Ich messe einen deutlich höheren Strom als üblich.

Da ich die Anlage selbst aufgebaut habe, finde ich nach einiger Suche an nahezu unzugänglich Stellen den Fehler. Ein Kabel des Infomationsbusses ist mit dem Stecker verschmolzen. Ich hab ein Reservekabel und auch eine Reserveverteilerbuchse an Bord! Nach 2 Std. treibend im Atlantik 140 SM entfernt von der Küste ist der Fehler provisorisch behoben und der Autopilot funktioniert wieder.

Die See war so gütig, dass sie zu dem Zeitpunkt kaum Wellen zeigte und somit das tiefe Reinklettern in die Packskiste und das kopfüber Arbeiten ermöglicht hat.

Die Alternative wäre mindestens 72Std nonstop am Steuer zu stehen. - undenkbar!

Jetzt hat mich der Alltag wieder. Alle Systeme laufen automatisch und ich werde mich wieder in den Schlafrhythmus begeben.


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